Das Strafbefehlsverfahren – der Einspruch gegen den Strafbefehl

Alles Wichtige zum Strafbefehl, dem Einspruch und ob er sich lohnt

Ein Strafbefehl ist nichts anderes als ein Schreiben, dass im Strafbefehlsverfahren durch das jeweilig

örtlich und sachlich zuständige Gericht versendet worden ist. Örtlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk der Tatort der (unterstellten) Straftat liegt. Sachlich zuständig bei Straftaten ist im Strafbefehlsverfahren immer das Amtsgericht (Abteilung für Strafsachen).


Beispiel:

Ute Unschuldig wird beschuldigt in einem Supermarkt in der bayerischen Großstadt München einen Lippenstift gestohlen zu haben. In dem Fall wäre das Amtsgericht München, Abteilung für Strafsachen, für den Erlass der Strafbefehls zuständig.


Im Jugendstrafrecht ist der Erlass eines Strafbefehls für Jugendliche i.S.d. § 1 Abs. 2 JGG übrigens nicht zulässig vgl. §79 JGG.


In diesem Schreiben wird dem Beschuldigten der ermittelte Sachverhalt zur Last gelegt auf Grund dessen er eine Geldstrafe zu zahlen hat. Die Höhe der Geldstrafe variiert dabei immer und richtet sich nach den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten, insbesondere nach seinen monatlichen Einkünften. Diese werden vom Strafgericht zumeist geschätzt §40 Abs. 3 StGB.


Die Höhe der im Strafbefehl verhängten Geldstrafe setzt sich aus der Anzahl der Tagessätze, sowie deren Höhe zusammen.


Beispiel:

Ute Unschuldig wurde in dem Strafbefehl zu einer Zahlung in Höhe von 90 Tagessätzen, zu je 40 EUR und somit zur Zahlung einer Gesamtsumme i.H.v. 3.600,00 EUR verurteilt.

Nein. Das Verfahren wird nicht gegen die Zahlung der Geldstrafe eingestellt, sondern durch die Zahlung wird der Strafbefehl lediglich akzeptiert. Der Strafbefehl wird anschließend rechtskräftig und steht einem Urteil gleich.

Das Besondere am Strafbefehlsverfahren liegt darin, dass es zu einer rechtskräftigen Verurteilung kommt, ohne dass eine mündliche Hauptverhandlung stattgefunden hat.

Der Erlass eines Strafbefehls hat somit den entscheidenden Vorteil, die ohnehin schon stark geforderten Gerichte zu entlasten.

Das Strafbefehlsverfahren ist außerdem kostensparend, geht schnell über die Bühne und wird ohne großes Aufsehen erledigt.

Dies wiederum kann durchaus auch im Interesse des Beschuldigten liegen, denn dieser erspart sich dadurch das Erscheinen und Verhandeln in der öffentlichen Hauptverhandlung.


Wer den Geldbetrag also sofort bezahlt, der erspart sich nur die öffentliche Hauptverhandlung. Eine Verurteilung in der öffentlichen Hauptverhandlung erfolgt nicht, allerdings steht der Strafbefehl, sobald er rechtskräftig wird, einer Verurteilung gleich.

Das kommt darauf an. Hier ist eine kurze Auflistung von Vor- und Nachteilen der Einspruchseinlegung:


Die schlechte Nachricht zuerst:


Bei Einlegung eines Einspruchs kann eine Hauptverhandlung anberaumt werden.

Dies ist allerdings nicht zwingend, sondern richtet sich nach der Art des Einspruchs. Der Einspruch gegen den Strafbefehl kann nämlich gegen den Strafbefehl als Ganzes, gegen Teile des vorgeworfenen Sachverhalts und gegen die Kostenentscheidung, also sowohl Tagessatzhöhe, als auch Anzahl der Tagessätze.

Wird der Einspruch gegen den Strafbefehl als Ganzes eingelegt, so wird durch das Gericht ein Termin zur Hauptverhandlung anberaumt. Das Gleiche gilt, wenn der Einspruch lediglich gegen einen Teil des unterstellten Sachverhalts eingelegt wird.

Wird der Einspruch hingegen auf die Kosten beschränkt, so wird meist auf die Anberaumung eines Verhandlungstermins verzichtet.


Die Nachteile, falls ein Hauptverhandlungstermin stattfindet sind:


Das Gericht ist nicht an das Strafmaß, dass in Strafbefehl verhängt worden ist gebunden.


Das heißt: wenn sich in der Verhandlung herausstellt, dass die Tat schwerer war, als im Strafbefehl angenommen oder wenn der Vorsitzende Richter besonders streng ist und die Verhandlung grundsätzlich nicht „gut läuft“, so besteht die Möglichkeit, dass die Strafe am Ende, bei einer Verurteilung höher ausfällt.


 Wenn kein Freispruch erfolgt, dann müssen die Gerichtskosten vom Angeklagten auch noch getragen werden.


Bei einer Gerichtsverhandlung entstehen immer gewisse Kosten, etwa für den Gerichtstermin selbst, aber auch für die Zeugenentschädigungen, also Auslagen, die den Zeugen auf Grund dessen entstanden sind, dass Sie vor Gericht erschienen sind. Dazu zählen z.B. Fahrtkosten, aber auch eine Entschädigung dafür, dass sie zurzeit der Gerichtsverhandlung nicht zur Arbeit erscheinen konnten.


Der Angeklagte muss meist persönlich zum Verhandlungstermin erscheinen.


Das Gericht ordnet in den meisten Fällen das persönliche Erscheinen des Angeklagten an. Dies wiederum bedeutet, dass man sich als Angeklagter in einen Saal voller Menschen (die Hauptverhandlung ist öffentlich) begeben muss und vor den Anwesenden die Tat verhandelt wird.

Der Einspruch hat jedoch auch, meiner Meinung nach überwiegende, Vorteile:


Wenn der Angeklagte unschuldig bzw. die Schuld nicht in einem für eine Verurteilung ausreichendem Maß erwiesen ist:


In Anbetracht dessen, dass noch nie ein Angeklagter von sich behauptet hat er sei wirklich schuldig, obwohl er es meistens dann doch ist, scheint dieser Punkt auf den ersten Blick überflüssig zu sein, doch ich möchte Ihnen kurz erläutern, warum es im Strafbefehlsvefahren durchaus nicht unüblich ist, dass der Angeklagte tatsächlich unschuldig ist bzw. aufgrund des im Strafbefehl festgehaltenen Sachverhaltes nicht verurteilt werden könnte:

Anders als bei einem „normalen“ Strafverfahren, bei dem immer eine mündliche Verhandlung stattfindet, reicht es bei einem Strafbefehlsverfahren aus, wenn ein hinreichender Tatverdacht gegen den Beschuldigten vorliegt.


 „Tatverdacht“ ist ein Fachbegriff aus dem Strafverfahrensrecht und bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte (also Indizien) und nach kriminalistischer Erfahrung es für möglich hält, dass eine Straftat begangen worden ist. Der allgemeine Begriff des Tatverdachts wird wiederum in verschiedene Verdachtsstufen unterteilt.


Bei hinreichendem Tatverdacht, welcher unter anderem auch Voraussetzung für eine Anklage bei Gericht ist, ist, nach der vorläufigen Beurteilung der Beweislage eine spätere Verurteilung als wahrscheinlich anzusehen.


Darüber hinaus gibt es weitere Verdachtsstufen.

Diese sind: der Anfangsverdacht, der dringende Tatverdacht sowie die richterliche Überzeugung.

Der Anfangsverdacht steht unter dem hinreichenden Tatverdacht und ist ihm gegenüber schwächer.

Der dringende Tatverdacht und die richterliche Überzeugung sind hingegen stärkere Verdachtsgrade.


Kurz:

Anfangsverdacht< hinreichender Tatverdacht< dringender Tatverdacht<richterliche Überzeugung


Im „normalen“ Strafverfahrens mit mündlicher Hauptverhandlung muss die Schuld des Angeklagten hingegen zur richterlichen Überzeugung feststehen. Nur dann darf eine Verurteilung erfolgen. Insofern braucht es bei einer Verurteilung in der Hauptverhandlung eines stärkeren Verdachtsgrades.

Dies führt letzten Endes dazu, dass der (unschuldige) Angeklagte im Strafbefehlsverfahren (durch Annahme des Strafbefehls) aufgrund schwächeren Tatverdachts verurteilt wird, wohingegen er, wenn es zu einer Hauptverhandlung gekommen wäre, freigesprochen worden wäre.


Wenn der Sachverhalt in Teilen, die sich erheblich auf das Strafmaß auswirken, unrichtig ist


Die Welt besteht nicht nur aus schwarz oder weiß. Eher im Gegenteil. Zumeist wird man feststellen, dass die Regel in einem „Dazwischen“ aus vielen verschiedenen Grautönen besteht. Was damit gesagt werden soll: bei dem vorgeworfenen Sachverhalt muss es nicht unbedingt heißen, „schuldig“ oder „unschuldig“. Dazwischen können Welten liegen.

So können Entschuldigungsgründe oder Rechtfertigungsgründe hinzutreten. Teile der Tat sind so nicht passiert oder können nicht bewiesen werden.


Ein Beispiel:


Anton Aufbrausend erhält einen Strafbefehl. Darin wird ihm zur Last gelegt das Tatopfer, Peter Provokant mit mehreren Faustschlägen zu Boden geschlagen zu haben.


Tatsächlich hat Anton Aufbrausend Peter Provokant aber nur ein einziges Mal geschlagen und zwar mit der offenen Hand.


Hier weicht der vorgeworfene Sachverhalt im Strafbefehl zu extremen Ungunsten des Angeklagten vom tatsächlichem Geschehensverlauf ab. Die Tatsache, dass von Faustschlägen und dazu noch mehreren ausgegangen wird, dürfte sich immens auf die Anzahl der verhängten Tagessätze auswirken.


Anton Aufbrausend würde, falls er Einspruch gegen den Strafbefehl einlegt zwar immer noch wegen Körperverletzung verurteilt werden und er wäre auch einer solchen schuldig, allerdings würde sich die Geldstrafe wohl um einiges reduzieren.


Gleiches gilt im Übrigen für die Fälle, in denen der zur Last gelegte Sachverhalt sich zwar so ereignet hat, allerdings nicht oder nicht zur richterlichen Überzeugung festgestellt werden kann.


Beispiel:


Der Ausgangsfall ist derselbe wie im vorherigen Beispiel. Allerdings weicht der zur Last gelegte Sachverhalt dieses Mal nicht vom tatsächlichen Geschehensablauf ab und Anton Aufbrausend hat tatsächlich Peter Provokant mit mehreren Faustschlägen zu Boden geschlagen. Peter Provokant war zu dem Zeitpunkt allerdings sehr betrunken und kann sich an den Vorfall nicht mehr genau erinnern. Der Vorfall konnte durch einen weiteren Zeugen beobachtete werden. Dieser war allerdings ebenfalls stark alkoholisiert und kann nicht mehr genau sagen, ob mehrmals oder lediglich ein Schlag erfolgt ist und ob dieser mit der flachen Hand oder der geballten Faust getätigt worden ist.


Unter Berücksichtigung des Zweifelsatzes „in dubio pro reo“ wird das Gericht bei der Hauptverhandlung lediglich feststellen, dass die Tat als solche weitaus geringer wiegt als der im Strafbefehl festgestellte Sachverhalt.


Wenn die Höhe der Tagessätze unrichtig berechnet worden ist

Das Gericht darf und wird in den meisten Fällen das monatliche Einkommen des Angeklagten schätzen §40 Abs. 3 StGB. Geht das Gericht bei Erlass des Strafbefehls fälschlicherweise von einem monatlichen Einkommen in Höhe von 2.000,00 EUR bei dem Angeklagten aus, bezieht der Angeklagte tatsächlich jedoch Arbeitslosengeld II (Harz 4) so führt ein Einspruch auf die Kosten bezogen bereits zu einer drastischen Reduzierung der Höhe des Tagessatzes. Auch dann, wenn der unterstellte Sachverhalt im Strafbefehl an sich mit dem Einspruch überhaupt nicht angegriffen wird.


Wenn die Anzahl der Tagessätze 90 überschreitet

Entgegen dem unter Laien weitverbreitetem Irrglauben, dass ein Strafbefehl keine Vorstrafe zur Folge haben kann, ist das tatsächlich durchaus der Fall. Zunächst muss unter einer „Vorstrafe“ und einem Eintrag in das Bundeszentralregister (kurz BZR) unterschieden werden. Eine Eintragung in das Bundeszentralregister erfolgt bei jedem rechtskräftigem Urteil und Strafbefehl. Von einer Vorstrafe hingegen spricht man dann, wenn eine Eintragung in das Führungszeugnis erfolgt. Eine Eintragung im Falle eines Strafbefehls erfolgt ab dem 90. Tagessatz.


Beispiel:


Ein Strafbefehl in Höhe von 90 Tagessätzen hat keine Eintragung in das Führungszeugnis, jedoch in das Bundeszentralregister zur Folge.

Ein Strafbefehl in Höhe von 91 Tagessätzen hat sowohl eine Eintragung in das Führungszeugnis, als auch in das Bundeszentralregister zur Folge.


Wenn der Strafbefehl eine Vorstrafe zur Folge hat, dann lohnt sich der Einspruch unabhängig von sämtlichen bereits vorstehend genannten Faktoren. Die Begründung ist dafür ist simpel, sowie einleuchtend: das Kind ist sowieso schon in den Brunnen gefallen. Wird kein Einspruch eingelegt, so ist eine Vorstrafe unumgänglich.


Die Chancen einer Vorstrafen zu entgehen sind, so gering sie auch sein mögen, bei Einlegung des Einspruchs gegen einen solchen Strafbefehl immer Prozentual höher als bei widerstandsloser Annahme.


Dies gilt im Übrigen auch für den Fall, dass bereits Eintragungen im BZR erfolgt sind, denn eine Eintragung in das Führungszeugnis erfolgt auch dann, wenn die Gesamtzahl der Eintragungen 90 Tagessätze überschreiten.

Ja! Was die wenigsten Betroffenen wissen ist, dass vor Abschluss der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung jederzeit die Rücknahme des Einspruchs möglich ist. Kommt es folglich auf Grund der Einspruchseinlegung zu einer Hauptverhandlung und deuten die Zeichen darauf hin, dass ein Urteil zu keiner Verbesserung führen wird, so besteht die Möglichkeit, den Einspruch gegen den Strafbefehl zurück zu nehmen. Ein kleiner Wermutstropfen ist allerdings, dass die Staatsanwaltschaft der Rücknahme des Einspruchs in der Hauptverhandlung zustimmen muss. Eine Garantie dafür, dass die Staatsanwaltschaft der Rücknahme des Einspruchs zustimmt besteht selbstverständlich nicht, allerdings ist das die unkomplizierteste Möglichkeit das Verfahren für alle Beteiligten zu beenden, so dass die Staatsanwaltschaft in der Regel ihre Zustimmung erteilt.

 

Eine Rücknahme vor der Hauptverhandlung ist übrigens auch ohne Zustimmung der Staatsanwaltschaft möglich.

Das Fazit ist:

der Einspruch im Strafbefehlsverfahren kann für den Betroffenen auf eine simple Devise runtergebrochen werden: wer nicht kämpft, hat schon verloren.

Die Praxis zeigt, dass in viel zu vielen Fällen der Strafbefehl aus Unwissenheit oder aus (falscher) Furcht vor der Hauptverhandlung ungeprüft durch die Betroffenen akzeptiert und bezahlt wird. Ob sich ein Einspruch gegen den Strafbefehl tatsächlich lohnt, kann in den meisten Fällen jedoch nur von einem Rechtsanwalt beurteilt werden.

Das was sich in jedem Fall lohnt ist jedoch die vorherige Überprüfung des Einspruchs gegen den Strafbefehl. Ob dann anschließend tatsächlich ein Einspruch eingelegt wird, ist eine Entscheidung, die der Betroffene zusammen mit seinem Rechtsanwalt treffen muss. Der Anwalt des Vertrauens wird Akteneinsicht bei dem zuständigen Gericht beantragen und kann aufgrund dessen eine divergierte Einschätzung treffen. Dem Angeklagten steht ein solches Akteneinsichtsrecht hingegen nicht zu. Vor einem Alleingang ohne Rechtsbeistand kann daher auch nur abgeraten werden. Zumal der Betroffene zumeist wohl die nötigen Kenntnisse des strafrechtlichen Verfahrensrechts nicht beherrscht.

Die Kanzlei Steeb&Carta hat bereits eine Vielzahl an Mandanten im Strafbefehlsverfahren beraten und die Prozessführung übernommen. Falls Sie einen Strafbefehl erhalten haben sollten kontaktieren Sie uns um das weitere Vorgehen zu besprechen. Bitte denken Sie daran, dass die Einspruchsfrist 2 Wochen beträgt. Ist die Frist verstrichen so wird der Strafbefehl rechtskräftig und ein Einspruch ist nicht mehr möglich.

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