Ärger um Elektroautos

Das EU-Parlament hat endgültig für das Aus des Verbrennungsmotors gestimmt. Ab 2035 sollen in der EU nur noch Neuwagen verkauft werden, die keine Treibhausgase ausstoßen. Vielen wird daher nur der Umstieg auf Elektroautos bleiben. Bereits heute werben Hersteller und Verkäufer von Elektroautos mit großen Reichweiten der Elektroautos. Doch was, wenn die Reichweite der Elektroautos im Alltag hinter den Angaben der Hersteller und Verkäufer zurückbleibt?

Elektroautos und deren Reichweite

In den letzten Jahren hat die Nachfrage nach Elektroautos aufgrund der wachsenden Umweltbedenken und steigenden Benzinpreise deutlich zugenommen. Viele Menschen sind der Meinung, dass Elektroautos eine umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Autos darstellen, da sie keine schädlichen Emissionen ausstoßen und somit dazu beitragen können, den Kohlenstoff-Fußabdruck zu reduzieren.

Ein weiterer Vorteil von Elektroautos ist die vermeintliche Reichweite. Viele Hersteller bewerben ihre Elektroautos damit, dass sie eine bestimmte Strecke zurücklegen können, bevor sie aufgeladen werden müssen. Laut Angaben diverser Hersteller betragen die Reichweiten verschiedener Elektroautomodelle zwischen 150 km bis zu über 600 km ohne einen Ladestopp einlegen zu müssen. Diese Angaben können jedoch oft irreführend sein.

Beschwerden der Verbraucher

Es gibt zahlreiche Berichte und Beschwerden von Verbrauchern, die festgestellt haben, dass die tatsächliche Reichweite ihrer Elektroautos oft nicht mit den Angaben der Hersteller übereinstimmt. Dies hat zu einer wachsenden Debatte darüber geführt, ob die Hersteller die Reichweite ihrer Elektroautos zu großzügig angeben, um den Verkauf von Elektroautos  anzukurbeln.

Eine Studie der Organisation Transport & Environment aus dem Jahr 2018 ergab, dass die tatsächliche Reichweite von Elektroautos im Durchschnitt um 42 Prozent unter den vom Hersteller angegebenen Werten lag. Die Studie untersuchte 11 Modelle verschiedener Hersteller und stellte fest, dass die Unterschiede zwischen den tatsächlichen und den angegebenen Reichweiten je nach Modell und Bedingungen stark variieren können.

Externe Einflüsse auf die Reichweite

Ein weiteres Problem bei der Reichweite von Elektroautos ist, dass sie stark von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. Dazu gehören die Geschwindigkeit, die Außentemperatur, der Einsatz von Heizung oder Klimaanlage und das Fahrverhalten des Fahrers. All diese Faktoren können die tatsächliche Reichweite des Elektroautos erheblich beeinflussen.

Welche Rechte haben Verbraucher?

Wenn die Reichweite eines Elektroautos erheblich von den Angaben des Herstellers abweicht, können Verbraucher in Deutschland Gewährleistungsrechte geltend machen. Das bedeutet, dass der Hersteller oder Verkäufer des Autos verpflichtet ist, das Problem zu beheben, wenn es innerhalb einer bestimmten Frist nach dem Kauf auftritt.

Im deutschen Recht gilt eine Gewährleistungsfrist von zwei Jahren ab dem Kaufdatum. Diese kann sich durch Herstellergarantien oder durch Garantien des Verkäufers im Einzelfall auch verlängern. In dieser Zeit müssen Hersteller oder Verkäufer dem Kunden gegenüber für alle Mängel haften, die bereits zum Zeitpunkt des Kaufs bestanden haben. Handelt es sich um einen sogenannten Verbrauchsgüterkauf, so gilt für die Dauer von einem Jahr ab Übergabe des Fahrzeugs eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Käufers §477 Abs. 1 BGB. Das bedeutet: Zeigt sich innerhalb eines Jahres nach Übergabe des Fahrzeugs an den Verbraucher, dass die Reichweite des Fahrzeugs erheblich unter den Reichweiteangaben des Herstellers oder Verkäufers zurückbleibt, dann gilt die gesetzliche Vermutung, dass dieses Problem bereits bei Übergabe des Elektrofahrzeugs vorgelegen hat. Der Verkäufer muss dann seinerseits beweisen, dass dieses Problem bei der Übergabe nicht vorgelegen hat. Wenn also die tatsächliche Reichweite eines Elektroautos erheblich von den Angaben des Herstellers abweicht, können Verbraucher grundsätzlich dies als Mangel betrachten und die Geltendmachung ihrer Gewährleistungsrechte in Betracht ziehen.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Gewährleistungsrechte nicht automatisch bedeuten, dass der Kunde das Auto zurückgeben oder den Kaufpreis zurückerhalten kann. In der Regel hat der Kunde zunächst das Recht auf Nacherfüllung oder Neulieferung, das bedeutet, dass der Hersteller oder Verkäufer das Problem innerhalb einer angemessenen Frist und auf eigene Kosten beheben muss. Wenn dies nicht möglich ist oder fehlschlägt, hat der Kunde das Recht auf Minderung des Kaufpreises oder Rücktritt vom Vertrag.

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Gewährleistungsrechte, wie bereits dargestellt, nur für Mängel gelten, die bereits zum Zeitpunkt des Kaufs vorhanden waren. Wenn die tatsächliche Reichweite eines Elektroautos aufgrund von Umständen außerhalb der Kontrolle des Herstellers oder Verkäufers (wie beispielsweise extremen Witterungsbedingungen) abweicht, könnte dies die Geltendmachung der Mängelrechte erschweren, sofern Hersteller und Verkäufer darauf hingewiesen haben, dass es zu witterungsbedingten Schwankungen der Reichweite kommen könnte.

Wie Gewährleistungsrechte durchgesetzt werden können

Um Gewährleistungsansprüche geltend zu machen, müssen Verbraucher in der Regel den Hersteller oder Verkäufer über den Mangel informieren und eine angemessene Frist zur Behebung des Problems bzw. des Mangels setzen. Aus Gründen der Beweisbarkeit empfiehlt es sich immer, den Mangel gegenüber dem Verkäufer schriftlich anzuzeigen und per Einwurfeinschreiben zu übersenden. So kann im Zweifelsfall lückenlos belegt werden, dass der Mangel fristgerecht mitgeteilt worden ist. Wenn der Mangel innerhalb dieser Frist nicht behoben wird, können weitere Schritte wie die Einschaltung eines Anwalts in Betracht gezogen werden.

Wenn Verbraucher jedoch feststellen, dass die tatsächliche Reichweite ihres Elektroautos erheblich von den Angaben des Herstellers abweicht, sollten sie sich an den Verkäufer oder den Hersteller wenden und Gewährleistungsrechte geltend machen. Es ist ratsam, dies schriftlich zu tun und die Mängel detailliert zu beschreiben. Der Verkäufer oder Hersteller hat dann die Möglichkeit, die Nacherfüllung durchzuführen und den Mangel zu beheben.

Wenn die Nacherfüllung nicht innerhalb einer angemessenen Frist erfolgt oder fehlschlägt, können Verbraucher auf Minderung des Kaufpreises oder Rücktritt vom Vertrag bestehen. Es ist jedoch ratsam, vor einem Rücktritt oder einer Minderung des Kaufpreises rechtlichen Rat eines Anwalts einzuholen, da diese Schritte nicht immer einfach umzusetzen sind.

In jedem Fall sollten Verbraucher darauf achten, dass sie ihre Gewährleistungsrechte innerhalb der gesetzlichen Fristen geltend machen. Die Gewährleistungsfrist beträgt in der Regel zwei Jahre ab Lieferung des Elektroautos. Es ist jedoch möglich, die Gewährleistungsfrist durch eine vertragliche Vereinbarung zu verlängern.

Kurz & knapp

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Verbrauchern bei einem Elektroauto, das eine erheblich geringere Reichweite als vom Hersteller angegeben hat, grundsätzlich Gewährleistungsrechte nach dem deutschen Gesetz zustehen können. Wir beraten Sie hierzu gerne im Einzelfall und prüfen die Erfolgsaussichten der Durchsetzung Ihrer Gewährleistungsrechte.

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