Zeugnisverweigerungsrecht im Strafprozess

Fast jeder musste in seinem Leben bereits einmal vor Gericht als Zeuge aussagen oder hatte im Familien-, Freundes- oder Bekanntenkreis eine Person, die als Zeuge vor Gericht geladen worden ist. Doch was bedeutet es eigentlich ein Zeuge zu sein, welche Pflichten hat man als Zeuge und ist man immer verpflichtet, als Zeuge auszusagen? Ein Anwalt für Strafrecht klärt auf.



Zeuge- was bedeutet das eigentlich?

Bei einem Zeugen handelt es sich um eine Beweisperson, die in einem Strafverfahren, welches nicht gegen sie selbst gerichtet ist, Auskunft über die Wahrnehmungen von Tatsachen gibt. Hiervon abzugrenzen wäre im Strafprozess zum Beispiel der Sachverständige. Soll eine Person nichts aussagen, sondern lediglich in Augenschein genommen werden, so hat diese Person im Übrigen keine Zeugeneigenschaft im Strafprozess. Zeuge kann grundsätzlich jeder sein, der mittelbare oder unmittelbare Wahrnehmungen zu einem Tatgeschehen gemacht hat oder gemacht haben könnte. Gleichgültig dabei ist, wann oder aus welchem Anlass ein Zeuge die Wahrnehmungen gemacht hat, über welche er aussagen soll. Im Übrigen fallen unter Wahrnehmungen, über die der Zeuge sodann im Strafprozess Auskunft zu geben hätte, auch Mitteilungen, die dem Zeugen von Dritten gegenüber zugegangen sind. Der Zeuge vom Hörensagen ist damit (entgegen häufiger Darstellungen in Spielfilmen) ein taugliches Beweismittel. Zumindest im deutschen Strafprozess.

Was sind die Pflichten eines Zeugen?

Ist man als Zeuge vom Gericht geladen worden, so ist man verpflichtet, die Wahrheit zu sagen. Im Grunde bedeutet das, dass man die Wahrnehmungen, die man zu dem Tatgeschehen gemacht hat, wahrheitsgemäß wiedergeben muss, ohne Geschehnisse wegzulassen oder das Geschehene eigenmächtig zu ergänzen. Anders ausgedrückt: Wer als Zeuge vor Gericht geladen ist, muss alles so erzählen, wie er es selbst tatsächlich gesehen, gehört oder in sonstiger Weise wahrgenommen hat. Es darf nichts hinzugedichtet werden und ebenso darf nichts weggelassen werden.

Muss man als Zeuge zwingend vor Gericht erscheinen?

Wer als Zeuge vom Gericht ordnungsgemäß geladen worden ist, der hat die Pflicht zu erscheinen. Es steht somit einem Zeugen nicht frei, sich aussuchen zu können, ob er nun zum Gerichtstermin erscheint oder nicht. Sollte ein Zeuge trotz ordnungsgemäßer Ladung des Gerichts nicht zur Hauptverhandlung erscheinen, so kann gegen den Zeugen ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann Ordnungshaft angeordnet werden § 51 Abs. 1 StPO.

Ist man als Zeuge immer verpflichtet auszusagen?

Die Antwort auf die Frage, kann den Ausführungen vorangestellt werden: Als Zeuge ist man grundsätzlich verpflichtet eine Aussage vor Gericht zu tätigen, jedoch nicht in jedem Fall, denn im deutschen Strafprozessrecht ergibt es ein Zeugnisverweigerungsrecht. Dieses Zeugnisverweigerungsrecht kann aus mehreren verschiedenen Normen der Strafprozessordnung hergeleitet werden. Die wohl in der Praxis bedeutendsten Zeugnisverweigerungsrechte der Strafprozessordnung dürften das Zeugnisverweigerungsrecht sein, dass dem Zeugen zusteht, wenn er durch seine Aussage sich selbst belasten würde und das Zeugnisverweigerungsrecht als Angehöriger des Beschuldigten.

Die wichtigsten Zeugnisverweigerungsrechte

Der erste Fall in dem ein Zeugnisverweigerungsrecht vorliegt dürfte relativ klar sein: Würde der Zeuge durch seine Aussage über die Wahrnehmungen, welche er zur Tat gemacht hat, sich selbst belasten und somit gegen sich selbst Aussagen, so steht ihm das Recht zu, die Aussage zu verweigern. Allerdings darf er nicht pauschal die gesamte Aussage verweigern, sondern es wäre viel eher bei jeder Einzelfrage des Strafgerichts im Einzelfall zu prüfen, ob dem Zeugen ein diesbezügliches Zeugnisverweigerungsrecht zustünde.

Der zweite Fall des Zeugenverweigerungsrechts, behandelt diejenigen Fallkonstellationen, in denen der Angeklagte oder Beschuldigte in einem Verwandtschaftsverhältnis zu dem Zeugen steht. Der Gesetzgeber hat für Verwandte des Beschuldigten oder Angeklagten ein Zeugnisverweigerungsrecht geschaffene, da der Zeuge bei seiner Aussage über die Wahrnehmungen der Wahrheit verpflichtet ist und bei Familienangehörigen, die gegeneinander aussagen müssten, eine Zwangslage des Zeugen bestehen würde, sich entweder selbst durch und wahrheitsgemäßer Aussagen strafbar zu machen, oder ein Familienmitglied zu belasten. In Rücksichtnahme auf diese Zwangslage wurde das Zeugnisverweigerungsrecht der Angehörigen des Beschuldigten gemäß § 52 StPO geschaffen. Doch wer fällt unter Verwandte im Sinne des §52 StPO? Zum einen erzählen zu den Verwandten aus § 52 StPO der Verlobte des Beschuldigten, oder derjenige, an den das Versprechen gegeben wurde, eine Lebenspartnerschaft einzugehen, der Lebenspartner des Beschuldigten, der Ehepartner des Beschuldigten (und zwar selbst dann, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht), wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert ist und wer mit dem Beschuldigten in der Seitenlinie bis zum 3. Grad verwandt oder bis zum 2. Grad verschwägert ist oder war. Im Übrigen sind Minderjährige, sofern mangelnde Verstandesreife vorliegt, nicht gezwungen als Zeuge auszusagen, soweit die Erziehungsberechtigten nicht einer Zeugenaussage zustimmen und die Minderjährigen zur Aussage bereit sind.

Doch was bedeutet das genau? Die Verwandtschaft und die Schwägerschaft richtet sich nach den §§ 1589, 1590 BGB. Verwandte in gerader Linie diejenigen Personen sind, deren eine von deren anderen abstammt. Vereinfacht gesagt ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht ohne Rücksicht auf den Grad der Verwandtschaft bei Eltern, Kinder, Großeltern, Enkel, Urgroßeltern und Urenkel. Darüber hinaus haben Geschwister, Halbgeschwister Nichten und Neffen im Verfahren gegen die eigenen Geschwister oder die Geschwister ihrer Eltern (und umgekehrt) ein Zeugnisverweigerungsrecht. Cousins und Cousinen steht in einem Verfahren gegen eines von ihnen kein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Auch nichteheliche Kinder haben ein Zeugnisverweigerungsrecht bei Verfahren gegen die Eltern.

Zu der Verschwägerung gilt folgendes: Der Ehepartner muss dann nicht aussagen, wenn die bzw. ein Teil der Eltern, der Großeltern oder der Urgroßeltern im Strafprozess beschuldigt werden. Darüber hinaus muss der Ehepartner keine Aussage tätigen und kann das Zeugnis somit verweigern, wenn die Kinder oder das Kind seines Ehepartners Beschuldigter oder Angeklagter im Strafprozess ist bzw. sind, ohne dass das Kind von ihm abstammen muss. Dasselbe gilt für die Enkel und die Urenkel des anderen Ehepartners. Ebenso besteht ein Zeugnisverweigerungsrecht, wenn die Geschwister des anderen Ehegatten Beschuldigte oder Angeklagte im Strafprozess sind. Es besteht jedoch kein Zeugnisverweigerungsrecht, gegen die Kinder der Geschwister des anderen Ehepartners. Ebenso kann kein Zeugnisverweigerungsrecht angenommen werden, zwischen den Ehepartnern von Geschwistern.

Welche Rechte hat ein Zeuge?

Als Zeuge haben Sie das Recht keine Aussage in einem Strafprozess tätigen zu müssen, sofern Ihnen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht oder Sie sich mit Ihrer Aussage selbst belasten würden. Darüber hinaus haben Sie das Recht einen Zeugenbeistand zu beauftragen. Bei einem Zeugenbeistand handelt es sich um einen Rechtsanwalt, der Sie über Ihre Rechte als Zeuge aufklärt und Sie im Strafprozess unterstützt. Insbesondere wenn Sie als Zeuge gegen eigene Familienangehörige aussagen sollen, macht es ohne Zweifel Sinn sich an einen erfahrenen Strafverteidiger zu wenden. Ein Rechtsanwalt für Strafrecht kann Ihnen dabei helfen mögliche Klippen im Strafprozess zu umschiffen. Darüber hinaus macht es selbst verständlich Sinn, sich an einen Rechtsanwalt für Strafrecht in dem Fall zuwenden, indem Sie sich durch eine Aussage als Zeuge im Strafprozess selbst zum Beschuldigten oder zum Angeklagten machen würden.

Sie wurden als Zeuge geladen und benötigen einen Zeugenbeistand oder würden gerne vorab zu den Abläufen im Strafprozess informiert werden? Unsere Kanzlei steht Ihnen zur Seite.


Sind Sie auf der Suche nach weiteren Informationen rund um das Strafverfahren? Lesen Sie unseren Artikel zu dem Thema Strafbefehlsverfahren.

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